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FILMRISS

Schleswig holsteinischer Zeitungsverlag

Kommentar von Chefredakteur Stephan Richter

Schleswig-Holstein hat kulturell mehr zu bieten als viele andere Bundesländer. Große Maler haben hier ihr Atelier; die Museumslandschaft ist vielfältig. Auch die Literaturszene hat Format - von Nobelpreisträger Günter Grass über Feridun Zaimoglu oder Günter Kunert bis Sarah Kirsch. Die Musiklandschaft wird in der Außendarstellung vom Schleswig-Holstein Musik Festival überstrahlt. Und es gibt sogar eine kleine, aber feine Filmszene. Armin Mueller-Stahl genießt internationales Renommee. Detlev Buck hat bundesweit einen Namen, die Nordischen Filmtage in Lübeck haben im Ostseeraum einen guten Ruf. Schließlich ist da noch das Green Screen Festival in Eckernförde. Europaweit ist dies für Naturfilmer nach dem BBC-Festival der wichtigste internationale Gradmesser für ihr Genre. Ein kulturelles Leuchtturm-Projekt.
Das Green Screen Festival ist allerdings auch ein Beispiel dafür, wie sehr Schleswig-Holstein sein kulturelles Licht unter den Scheffel stellt und wie wenig sich die Politiker des Landes für die Kultur interessieren. Schleswig-Holsteins Kulturpolitik hat sich in der öffentlichen Darstellung auf die Kürzung von Zuschüssen reduziert. Das ist nicht nur armselig. Es wird auch nicht der Leistung derjenigen gerecht, die trotz bescheidender Budgets Großartiges zustande bringen. Genau dafür aber steht das Green Screen Festival in Eckernförde, das gerade zum fünften Mal erfolgreich zu Ende gegangen ist.
Das ganze Naturfilm-Festival wird von breitem ehrenamtlichen Engagement getragen. Die Stadt Eckernförde - keineswegs selbstverständlich für eine Kommune - steht dahinter. Ein Förderkreis hilft finanziell nach Kräften, die künstlerische Leitung und das Niveau dieser Kulturveranstaltung, die bundesweit ihresgleichen sucht, stehen auf hohem Niveau. Mit Inge Sielmann, Ehefrau des 2006 verstorbenen großen Naturfilmers Heinz Sielmann, repräsentiert die Grande Dame der deutschen Naturfilm-Szene das Festival.
Eigentlich müssten sich die Landespolitiker darum reißen, bei so einem Festival Gesicht zu zeigen. Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit zum Beispiel, der an diesem Wochenende vor einem neuen Wahlsieg steht, lässt bei den Berliner Filmfestspielen keine Gelegenheit aus, um präsent zu sein und für die Bundeshauptstadt Flagge zu zeigen. In Schleswig-Holstein dagegen scheinen Landespolitiker lieber Pommesbuden zu eröffnen. In Eckernförde jedenfalls war kein Repräsentant ihrer Zunft - die Vertreter der Stadt ausgenommen - zu sehen. Die Kulturbeauftragte des Landes, Caroline Schwarz, fehlte. Der designierte CDU-Spitzenkandidat für die nächste Landtagswahl, Jost de Jager, kommt zwar aus der Stadt. Aber er nutzt die öffentliche Bühne ebenso wenig wie sein SPD-Herausforderer Torsten Albig. Auch der Ministerpräsident, der Landtagspräsident oder auch nur die Bundestags- und Landtagsabgeordneten der Region folgten der Einladung der Veranstalter nicht.
Dem Green Screen Festival schadet die Abwesenheit der Politik kaum. Es hat sich etabliert und allen ehrenamtlichen Helfern ist der öffentliche Respekt gewiss. Hut ab vor den Festivalmachern! Den Volksvertretern des Landes ist hingegen ein Filmriss zu attestieren.