Pflanze

Frau von Tierfilmer Heinz Sielmann - Vergrabene Filme und scharfe Sinne

EZ 11.09. 2010

Inge Sielmann gab den Zuhörern im Gespräch mit Heiko De Groot viele Einsichten in die Arbeit ihres verstorbenen Mannes Heinz Sielmann.

"Herzlich willkommen in der Metropole des Naturfilms!" - Beifall. Zur Eröffnung (Bericht in unserer gestrigen Ausgabe) gehört die Bühne ihm. Gerald Grote, Leiter des Internationalen Naturfilmfestivals Green Screen und Filmenthusiast, versteht es, sein Publikum intelligent und mit pfiffigen Worten zu unterhalten und für den Naturfilm zu begeistern. Flotte Sprüche über die analog zu den Flachbildschirmen inhaltliche Qualität des Fernsehens kamen bei den gut 500 Gästen in der ausverkauften Stadthalle gut an, die Naturfilme allerdings seien hier die rühmliche Ausnahme, gelang Grote noch rechtzeitig der Schwenk zum Thema des Abends. "Naturfilme machen schlau und bringen uns zur Vernunft", ließ er das Publikum, die Naturfilmer und Sendeverantwortlichen wissen.

NDR Naturfilm-Chef Jörn Röver wird's gern gehört haben. Zusammen mit der großen Dame des deutschen Naturfilms, Inge Sielmann, saß er wenig später bei der Eröffnungsgala am Donnerstagabend in der afrikanisch dekorierten Sitzecke auf der Bühne und beantwortete die Fragen von Talkmaster Heiko De Groot, dem Regisseur, der im vergangenen Jahr den Film "Wildes Russland" präsentierte. Kenntnisreich entlockte De Groot Sielmann und Röver in einem langen Gespräch viele interessante Details und Erlebnisse von früher und heute. Zum Beispiel, dass Heinz Sielmann einst sein wertvolles Filmmaterial in der Wildnis vor dem Rücktransport per Flugzeug oder Schiff in der Erde vergrub, um es vor der Hitze zu schützen, dass die Kommunikation früher ohne Internet und Handy nur sehr eingeschränkt und langwierig per Telegramm oder Brief möglich war und die Stille und "Ferne von der Erde" in 4700 Metern Höhe in Belgisch-Kongo eines ihrer eindrucksvollsten und prägendsten Erlebnisse auf den Reisen gewesen sei. Angst habe sie nie um ihren Mann gehabt: "Es war der Wunsch seines Lebens, negative Gedanken hätten nur gestört". Ihr Mann sei den Tieren stets mit Respekt und Achtung begegnet und habe unbeeinflusst und mit "so viel Herz und Liebe" zu ihnen gearbeitet, dass es für die Zuschauer spürbar gewesen sei. Der "Reichtum der Erde", der längst noch nicht vollständig erschlossen sei, müsse bewahrt werden, forderte Inge Sielmann. Es gebe noch "die unwahrscheinlichsten Wunder und Schätze in der Tiefsee und im Regenwald" zu entdecken, die Natur müsse als Gesamtsystem gesehen werden, in dem jedes Tier wichtig ist. Diese müsse den jungen Menschen nahe gebracht werden, dafür setze sich die Heinz-Sielmann-Stiftung ein, durch die jedes Jahr zehntausende Jugendliche die Natur und deren Zusammenhänge kennen lernten. "Wir müssen die Sinne schärfen, wir haben nur eine Erde."

 

"Es ist viel mehr da, als wir denken", sagte NDR-Naturfilmchef Jörn Röver. 2009 sei beispielsweise in Kamerun mit dem Cross-River-Gorilla ein neuer Menschenaffe entdeckt worden - eine Sensation. Aber auch vor der Haustür gebe es viel Interessantes zu entdecken. Modernste Filmtechnik mit hochauflösenden Kameras mit bis zu 2000 Bildern pro Sekunde, Superzeitlupen oder endoskopischen Kameras würden auch der heimischen Natur völlig neue Perspektiven verleihen.

Um die Gesetze der Natur ging es anschließend in dem Film "Serengeti", den NDR Naturfilm als Weltpremiere in Eckernförde vorführte. Richard Radke führte Regie, Ivo Nörenberg und Oliver Goetzl, bekannt aus "Wildes Russland", fingen einzigartige Bilder ein, die Cutter Klaus Müller zu einem 100-minütigen Kinofilm zusammenfügte. Anhand riesiger Gnu- und Zebraherden machte Radke das Auf und Ab aus fruchtbaren und mageren Zeiten in der einzigartigen Naturlandschaft deutlich, die von der Vulkanasche gespeist wird. Reichlich Nahrung für Löwen, Geparden und Krokodile, deren spektakuläre Beutefänge ausführlich und in Superzeitlupe gezeigt wurden. Nach Filmende gegen 23.30 Uhr war längst noch nicht Schluss: Im Stadthotel versammelten sich Filmemacher und Festivalbegleiter zum mitternächtlichen Buffet und ließen die vierstündige Gala ausklingen.

Heute und morgen werden weitere 50 Filme gezeigt (siehe Programm Seite 11), heute Abend steht dann um 20 Uhr in der Stadthalle die Verleihung der 13 Preise an die Filmemacher auf dem Programm, deren Namen demnächst für Jedermann sichtbar auf dem "Walk of Fame" an der Strandpromenade in Stein gemeißelt werden.
Gernot Kühl